Kaum das Abi in der Tasche, geht es auch schon weiter. Ich habe mich für einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst (IJFD) entschieden. Im Prinzip also ein FSJ, nur eben nicht in Deutschland.
Die Länderwahl fiel dann auch schnell auf Frankreich. Prinzipiell kann der Dienst aber in jedem Land der Welt geleistet werden.
Als ich beim ersten Vorbereitungsseminar in Eschwege angekommen bin, wurde mir auch ziemlich schnell bewusst, dass Frankreich wohl doch nicht zu den aller beliebtesten Ländern zählt. Ich war nämlich die einzige. Alle anderen gehen in englischsprachige Länder.
Weshalb ich mich aber dennoch für unser schönes Nachbarland entschieden habe, ist recht einfach: Zum einen habe ich in der 8. Klasse an einem Schüleraustausch mit einer Klasse in der Nähe von Lyon teilgenommen, der mir sehr positiv in Erinnerung geblieben ist, und zum anderen ist die französische Sprache einfach wunderschön. Was ich in den kommenden Monaten noch entdecken möchte, sind die Natur und auch die Städte Frankreichs. Hoffentlich kann ich am Ende des Jahres sagen, dass auch diese Seite Frankreichs mein Leben bereichert hat.
Jetzt aber zum eigentlichen Seminar:
Wir trafen uns eine Woche in Eschwege im Seminarhaus „Blaue Kuppe“. Wunderschön in der Natur gelegen, hatten wir das ganze Haus für uns alleine. Am ersten Abend war „Kennenlernen“ angesagt. Während den folgenden 7 Tagen haben wir viel gekocht (das Leben als Selbstversorger hatte definitiv Vorteile: So hatten wir jeden Tag das auf dem Tisch, was uns geschmeckt hat 😊). Außerdem wurden viele „Spiele“ gemacht. Ziel dabei war es, sich selbst besser kennenzulernen, was in gewisser Weise auch geklappt hat. Auch Gruppenbildung stand im Vordergrund, was vor allem für die Freiwilligen positiv war, die alle in das selbe Land gehen, denn sie haben dann schon ein kleines Netzwerk an günstigen Schlafgelegenheiten, wenn sie dort reisen möchten.
Ein Spiel ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben: Das Urlaubsspiel. 2 Freiwillige mussten vor der Tür warten und wir anderen haben uns für normale Wörter ein anderes ausgedacht (z.B. für Freunde das Wort Hunde etc.). In einer anschließenden Diskussion (zum Thema Urlaub), bei der auch die anderen beiden wieder teilgenommen haben, sollten dann immer diese Ersatzwörter verwendet werden. Das war aber auch schon alles an Vorgaben.
Was aber in unseren Gehirnen passiert ist, war, dass wir als selbstverständlich angenommen hatten, dass wir die neuen Wörter nicht für die „Ausgeschlossenen“ übersetzen dürfen. Und so kam es, dass diese zwar direkt danach gefragt haben, von uns jedoch keine Antwort darauf erhalten haben.
Als das Spiel wieder aufgelöst wurde, kam das Gespräch natürlich sofort darauf, dass unser Verhalten nicht den Vorgaben entsprach. Auch wurden unsere individuellen Gründe dafür erläutert. Angst vor der Reaktion der anderen Gruppenmitglieder bei Mitteilung des „Geheimnisses“, das ja eigentlich laut Vorgabe gar keines war, aber auch das Gefühl, eine geschlossenen Gruppe zu sein, die etwas spezielles teilt, wurden dabei öfter genannt.
Mich persönlich hat dieses „Ergebnis“ stark an „Die Welle“ bzw. den Nationalsozialismus erinnert.
Was ich daraus hoffentlich gelernt habe ist, dass man möglichst offen und unvoreingenommen an die verschiedensten Situationen herangeht, Vorannahmen vermeidet und alle Menschen, egal wie sie sind, akzeptiert und z.B. in Gruppen aufnimmt.
Auch das Thema „Konflikte“ wurde behandelt. Was sich dabei besonders herausgestellt hat, ist folgendes: Oft hat jeder, der bei einem Konflikt beteiligt ist, eine andere Perspektive von ihm. Deshalb sollte zuerst geklärt werden, was die einzelne Person gerade als problematisch betrachtet. Außerdem liegen den einzelnen Anliegen immer Bedürfnisse zugrunde. Wenn man diese erstmal benennen kann, ist es für die andere Person auch einfacher, darauf entsprechend zu reagieren.
Ansonsten saßen wir abends oft am Lagerfeuer oder haben kleine Workshops gemacht.
Alles in allem war die Woche super spannend, was sowohl den motivierten Freiwilligen, als auch unseren coolen Trainern zu verdanken ist.